Wie gelingt es Unternehmen, adäquat und in institutionalisierter Form auf ansteigenden Wettbewerbsdruck zu reagieren? Wie lassen sich Wachstumspotenziale erkennen und nutzen? Wie können bestehende Geschäftsfelder optimiert, neue entwickelt oder zusätzliche Absatzmärkte erschlossen werden? Ein möglicher Ansatz dafür ist Business Development. Was aber bedeutet Business Development konkret? Welche Aufgaben, Ziele und Mehrwerte sind mit der Geschäftsfeldentwicklung verbunden? Welche Erfolgsfaktoren und potenziellen Herausforderungen gilt es zu beachten? Antworten auf diese und weitere Fragen liefert der nachfolgende Artikel sowie weitere, in Kürze erscheinende Beiträge zu diesem Thema.
Bereits 2010 gab mehr als die Hälfte der befragten Top-Führungskräfte in einer McKinsey-Studie1 an, weitereichende strategische Entscheidungen deutlich häufiger treffen zu müssen als noch fünf Jahre zuvor.
In einer Untersuchung von 20162 bewerteten 67% der Studienteilnehmer den Wettbewerbsdruck in ihrer Branche als «extrem hoch» oder «hoch». 86% gingen davon aus, dass er in den folgenden fünf Jahren sogar noch zunehmen werde. Lediglich 6% erwarteten keine Veränderung an ihrem Businessmodel. Der Grossteil verlieh der Überzeugung Ausdruck, bestehende Geschäftsmodelle werden sich ändern (47%) oder es werden neue hinzukommen (46%).
Beide Studien liefern keine eindeutigen Aussagen zu den Ursachen des zunehmenden Wettbewerbsdrucks. In Bezug auf Wandlungsdynamiken steht seit Jahren die Digitalisierung im Fokus. Tatsächlich wirkt sie wie der dominierende Treiber, nicht zuletzt im Kontext des aktuell vorherrschenden Themas der künstlichen Intelligenz. Betrachtet man die Dynamiken jedoch differenziert, wird klar: Digitalisierung ist nur ein Teil eines vielschichtigen Wandels.
Neben technologischen Entwicklungen beeinflussen auch gesellschaftliche Erwartungen, ökologische Notwendigkeiten, geopolitische Verwerfungen, regulatorische Anforderungen sowie Veränderungen in Arbeitswelt und Konsumverhalten die unternehmerische Realität.
Wie diese Faktoren sich wechselseitig beeinflussen oder gar verstärken können, spürt derzeit die Schweizer Tech-Industrie: Nach mehr als zwei Jahren kontinuierlich abnehmenden Umsätzen verzeichnete die Branche im zweiten Quartal 2025 signifikante Rückgänge bei den Bestellvolumina – primär aufgrund der schwachen Entwicklung in Asien. Nach den US-Zollmassnahmen hat sich dieser Abwärtstrend noch weiter verschärft.
Entscheidend ist letztlich aber nicht die Frage nach dem treibenden Veränderungsfaktor, sondern wie Unternehmen damit umgehen. Als Reaktion auf die negativen Entwicklungen planen laut einer aktuellen Umfrage des Branchenverbands Swissmem rund 80 Prozent der Schweizer Tech-Firmen, neue Märkte zu erschliessen und 60 Prozent, neue Geschäftsfelder aufzubauen. An genau dieser Stelle setzt Business Development an.
Der Begriff «Business Development» wird in der Praxis häufig unscharf verwendet – mal als Verkaufserweiterung, mal als Innovationsmotor, mal als Sparringpartner der Geschäftsleitung. Die Fachliteratur ist sich bemerkenswert uneins3. Die Spanne reicht von operativer Vertriebsunterstützung bis hin zur strategischen Unternehmensentwicklung.
Und doch lassen sich aus den verschiedenen Definitionen zentrale Gemeinsamkeiten ableiten:
Im Sinne einer institutionalisierten Auseinandersetzung mit Diskontinuitäten und Trends umfasst Business Development…
Kurzum: Business Development ist nicht nur ein «nice to have» oder eine moderne Bezeichnung für Sales, sondern ein integraler Bestandteil strategischer Unternehmensführung.
2.1 Ein moderner Zehnkampf – multidisziplinär und vernetzt
Ein treffendes Bild liefert der Autor Kohne, der Business Development als «modernen Zehnkampf im Geschäftsleben» beschreibt4. Es vereint Elemente aus Strategie, Marketing, Innovation, Produktmanagement, Vertrieb, Marktforschung und Change Management. Und genau diese Inter- und Multidisziplinarität macht die Funktion so wertvoll – und für viele Unternehmen zugleich schwierig zu verorten.
Auf Basis der Literatur sowie langjähriger Praxiserfahrung lässt sich Business Development wie folgt zusammenfassen:
«Business Development bezeichnet die Fähigkeit eines Unternehmens, bestehende und neue Geschäftsmodelle systematisch und unter Berücksichtigung von unternehmenseigenen Ressourcen und Fähigkeiten sowie Prozessen und Strukturen auf wettbewerbsfähige, zukunftsträchtige und konsequent an Markt und Kundennutzen orientierte Marktleistungen auszurichten.5»
Diese Definition macht deutlich: Es geht nicht nur um Ideen, sondern um konsequente Umsetzung, nachhaltige Wertschöpfung und das Schaffen langfristiger Erfolgspotenziale im Rahmen einer ganzheitlichen Methodik.
Viele Unternehmen – insbesondere KMU – betreiben Business Development «nebenbei». Zwischen Tagesgeschäft, kurzfristigen Umsatzprioritäten und operativer Hektik bleibt dann oft weder Zeit noch Raum, systematisch neue Geschäftspotenziale zu erschliessen. Doch geraten mittel- bis langfristige Entwicklungen durch den Fokus auf kurzfristige Erfolgsmaximierung aus dem Blick, erhöht das die realistische Gefahr künftiger Umsatzeinbussen. Die Gründe dafür sind vielfältig:
Digitalisierung wird allzu oft vorwiegend mit digitalen Technologien assoziiert. Mindestens ebenso beachtenswert ist jedoch ihr transformatorischer Effekt: Sie verändert Märkte, Kundenverhalten, Wertschöpfungsketten und das Veränderungstempo.
Prominente Beispiele für Firmen, welche durch die Kombinationsmöglichkeiten der Digitalisierung grundlegende Veränderungen eingeläutet haben, sind Apple, Youtube und Netflix:
Neue Marktteilnehmer verzeichnen heute oft ein beispielloses Wachstumstempo. Startups können binnen Monaten globale Reichweiten erzielen oder werden gekauft und skaliert. Angebote, die noch kurz zuvor Differenzierungsmerkmale beinhalteten, werden rasch zu einem Standard, der keinen Wettbewerbsvorteil mehr bietet, sondern die Grundlage für eine Wettbewerbsteilnahme bildet.
Generation X und Y bilden bereits rund 70 % der Erwerbsbevölkerung. Ihre Werte unterscheiden sich signifikant von früheren Generationen:
Diese Veränderungen wirken direkt auf Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle.
Was früher umfangreiche Investitionen erforderte, ist heute oftmals mit vergleichsweise geringem Kapitaleinsatz realisierbar. Digitale Produkte können dank sozialer Medien in kurzer Zeit eine breite Kundenbasis erreichen. Sich progressiv entwickelnde Technologien ermöglichen neuartige und nutzenbringende Kombinationen durch die Vernetzung unterschiedlicher Geräte. Solche Kombinationen bestehender Technologien mit neuen Lösungen sind häufig vergleichsweise günstig umsetzbar, weil digitale Produkte (Hard- und Software) flexibel zu neuen Paketen geschnürt werden können, ohne hohe Investitionen oder umfangreiche Fertigungsstätten zu benötigen.
Der erleichterte Zugang zu Informationen, Bewertungen, Social Proof und alternativen Angeboten hat die Machtverhältnisse am Markt nachhaltig verändert. Kundinnen und Kunden treffen heute schnellere, oft weniger vorhersehbare Entscheidungen. Gleichzeitig beeinflussen sie mit ihren Erwartungen direkt die strategische Ausrichtung von Unternehmen.
Das Ergebnis all dieser Entwicklungen: Unternehmen sind gefordert, nicht nur zu reagieren, sondern aktiv die eigene Zukunft zu gestalten. Dafür braucht es ein professionelles Business Development.
Business Development erfüllt im Kern vier Aufgabenbereiche:
Dieser Bereich bildet das Fundament – ohne fundierte Analyse kein wirksames Business Development.
Hier entscheidet sich, ob aus einer Idee ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept entsteht.
Unternehmen, die Innovationen nicht konsequent kommerzialisieren, verschenken Potenzial.
Business Development ist nicht nur Analyst und Ideengeber, sondern auch Treiber und Begleiter der Umsetzung.
Damit Business Development seinen Nutzen entfalten kann, braucht es bestimmte Rahmenbedingungen:
Business Development benötigt weitreichende Vollmachten und Kompetenzen, um Veränderungen im Unternehmen initiieren und implementieren zu können. Ohne Mandat bleibt es wirkungslos.
Überschneidung mit Produktmanagement, Marketing oder Vertrieb sind normal. Entscheidend ist, dass Schnittstellen und Verantwortlichkeiten klar definiert sind.
Professionelles Business Development baut auf:
Business Development lebt von internem wie externem Austausch:
Eine innovations- und veränderungsfreundliche Kultur ist ein essenzieller Erfolgsfaktor. Ohne Akzeptanz im Unternehmen bleiben selbst die besten Strategien wirkungslos.
Trotz klarer Vorteile scheitern viele Unternehmen bei der Einführung oder Etablierung von Business Development. Typische Stolpersteine:
Der Alltag frisst die Strategie – besonders in KMU. Hier helfen:
Wird BD als «Feuerwehr» oder «Allrounder» missbraucht, verliert es Wirkung. Wichtig sind:
Business Development braucht Zeit, Kompetenzen und Kapital. Unternehmen sollten:
Neue Geschäftsmodelle oder Veränderungen treffen oft auf Skepsis. Das lässt sich adressieren über:
Business Development ist keine Modeerscheinung und kein Zusatzprojekt. Es ist die Antwort auf eine wirtschaftliche Realität, die von Unsicherheit, Geschwindigkeit, Komplexität und Veränderung geprägt ist.
Unternehmen – gerade KMU – benötigen eine Funktion, die kontinuierlich Chancen identifiziert, neue Geschäftsmodelle entwickelt, Innovationen in den Markt bringt und Anpassungsfähigkeit institutionell verankert.
Die strategische und operative Weiterentwicklung des Unternehmens kann nicht «en passant» erfolgen. Sie muss gestaltet werden – methodisch fundiert, datenbasiert, kundenzentriert und mit klarer Verantwortung.
Business Development schafft genau dafür die strukturellen und methodischen Voraussetzungen. Ob als integraler Bestandteil der Unternehmensorganisation oder in Kooperation mit einem spezialisierten externen Partner: Business Development befähigt Unternehmen, ihre Zukunft aktiv zu gestalten.