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Smart Urban Heat Map – die Kommunikation eines Smart-City-Themas

Geschrieben von Felix Adank | 26. Februar 2024 | 15:57

consign hat als Agentur in den vergangenen vier Jahren die Geschäftsstelle des Smart City Vereins Bern aufgebaut: Das Mandat reichte von der Geschäftsführung über Branding, Design und Kommunikation bis hin zu Eventmanagement und Online-Marketing. Hinzu kam der Aufbau einer neuen Website, beworben durch Blogs und Social-Media-Postings. Das Ziel: eine nachhaltige Entwicklung von Stadt und Region Bern im Sinne des Smart City Wheels. Ein erstes Nachhaltigkeitsprojekt ist seit Herbst 2023 in Betrieb: Die «Smart Urban Heat Map» liefert Echtzeitdaten zur Visualisierung der Stadthitze und legt die Grundlage für zukünftige Klimaanpassungsmassnahmen.

Die Auswirkungen des Klimawandels in der Stadt und Region Bern waren 2023 deutlich spürbarer: Es war einer der heissesten Sommer seit Messbeginn, noch im September wurden Temperaturen von über 35 Grad Celsius gemessen. Das stellt die Frage, wie wir mit aktuellen und zukünftigen Hitzesituationen im Sommer und Herbst umgehen. Kurz und mittelfristig braucht es Klimaanpassungsmassnahmen, welche Orte mit grosser Hitze abkühlen. Unter Hitzeinseln leiden wir alle, besonders aber ältere Menschen und Personen mit chronischen Krankheiten und Atemwegproblemen. Dass grosse Hitze töten kann, hat das vergangene Jahr gezeigt: Die Schweiz verzeichnete im letzten Jahr eine ausserordentliche Übersterblichkeit, deren Ursache nicht nur, aber auch im Hitzesommer 2023 liegt.

Städte und Gemeinden sind gefordert, Hitzeinseln im öffentlichen Raum zu erkennen und betroffene Plätze und Strassen erträglicher zu gestalten. Voraussetzung dazu bildet ein Klimamessnetz, das Hitzeinseln dokumentiert und den Handlungsbedarf aufzeigt.

Klimaprojekt zur Visualisierung der Stadthitze

Um Hitzeinseln in Stadt und Region Bern aufzuspüren, lancierte der Smart City Verein Bern im April 2021 ein Klimaprojekt zur Visualisierung des Stadtklimas, die «Smart Urban Heat Map». Als Inspiration dienten vergleichbare Messnetze in Basel und Zürich.

Die Universität Bern hatte dazu bereits wichtige Pionierarbeit geleistet: Moritz Gubler vom Geographischen Institut der Universität Bern (GIUB) baute ab 2018 im Rahmen seiner Dissertation ein städtisches Messnetz auf, das in der Pionierphase noch von Hand ausgelesen wurde. Es wurde ab Sommer 2022 automatisiert, d.h. auf LoRaWAN-Messungen umgestellt: LoRaWAN steht für «Long Range Wide Area Network» und ermöglicht eine drahtlose, energieeffiziente Übertragung der Messdaten mit grosser Reichweite.

Im Laufe von mehreren Sitzungen diskutierten der Smart City Verein Bern mit seinen Projektpartnern Meteotest und Berner Fachhochschule – zuletzt auch mit Einbezug des GIUB – verschiedene Optionen.

Das Ergebnis der gemeinsamen Sitzungen lässt sich in vier Punkten zusammenfassen:

  • Planung, Installation, Betrieb und Kontrolle von zusätzlichen Messpunkten in der Agglomeration Bern sowie Unterstützung beim Betrieb eines LoRaWAN-Messnetzes

  • Aufbau einer Website zur Visualisierung der Daten nach dem Open-Data-Prinzip: Interessierte sollen alle Messwerte frei und einfach herunterladen sowie nutzen können

  • Umsetzung einer Methode zur flächigen Bestimmung der aktuellen Temperaturdaten (Visualisierung der Messwerte als Temperaturkarte)

  • Öffentlichkeitsarbeit mit Medienmitteilungen, Publikumsveranstaltungen und Einbezug der Schulen zur Sensibilisierung breiter Bevölkerungsschichten für die regionale Klimaproblematik

Finanzierung

Im Dezember 2021 erarbeitete der Smart City Verein Bern zusammen mit der Firma Meteotest eine Projektpräsentation und gelangte damit an zahlreiche private und öffentliche Institutionen.

Ein erster Erfolg gelang im Januar 2022 mit der Zusage von substanziellen Förderbeiträgen durch die Gebäudeversicherung Bern (GVB) und die Gemeinde Ittigen: Sie erklärten sich bereit, das Klimaprojekt über die nächsten vier Jahre zu unterstützen.

Im Juni 2022 folgte eine weitere Zusage durch die Burgergemeinde Bern, die einen einmaligen Förderbeitrag zusicherte.

Im August 2022 folgte ein Crowdfunding mit einem professionell produzierten Projektvideo.


Das Projektwidget wurde von consign entwickelt, das Projektvideo von der Firma Setrunners. Das Crowdfunding brachte einen ansehnlichen fünfstelligen Betrag ein, damit wurde das gesteckte Ziel erreicht.

Im März 2023 sprach die Hauptstadtregion Schweiz einen weiteren substanziellen Förderbeitrag.

Im Oktober 2023 sagte auch die Gemeinde Köniz einen grösseren Unterstützungsbeitrag zu, verteilt über die nächsten vier Jahre. Mit der Gemeinde Lyss ist 2024 eine weitere Gemeinde als Projekt- und Finanzierungs­partnerin hinzugekommen: Diesen Frühling werden in Lyss 10 Sensoren installiert.

Damit ist gewährleistet, dass der Verein die Projektplattform smart-urban-heat-map.ch über die nächsten vier Jahre hinweg weiterentwickeln und unterhalten kann.

Aufbau des Messnetzes

Im März 2023 erwarb der Smart City Verein Bern von der Firma Abilium, die für das Engineering der Sensoren und die Entwicklung des LoRaWAN verantwortlich zeichnet, 50 Sensoren bzw. Sensorkomponenten.

Anfang Mai setzte der Verein unter Projektleitung von Felix Adank, Associate Partner von consign, die Sensorkomponenten mithilfe von Mitarbeitenden der Firma Emch + Berger zusammen, anschliessend wurden die Sensoren mit einem Solarpanel zur Speisung des eingebauten Akkus in der Region Bern installiert.

Das Messnetz umfasst in Stadt und Region Bern inzwischen 120 Sensoren, welche die Klimadaten (Temperatur und Luftfeuchtigkeit) via LoRaWAN alle zehn Minuten an einen zentralen Server liefern. Das GIUB ist für die Installation und Betreuung der Sensoren in der Stadt Bern und in Ostermundigen zuständig, der Smart City Verein Bern für die Standorte in den Regionsgemeinden Belp, Bolligen, Bremgarten, Kehrsatz, Köniz, Muri, Stettlen, Wohlen und Zollikofen.

Von Frühling bis Herbst 2023 erfolgte als vorläufig letzter Schritt die Realisierung der Projektplattform durch die Firma Meteotest. Die Smart Urban Heat Map visualisiert die Messpunkte auf einer Karte und bietet Wissenschaft und Fachbehörden die Möglichkeit, die Temperaturdaten herunterzuladen und auszuwerten. Alle Daten sind nach dem Open-Data-Prinzip frei zugänglich und ermöglichen das Monitoring ausgewählter Standorte. Die gelieferten Echtzeitdaten können so für die Evaluation von Klimaanpassungsmassnahmen genutzt werden. Für die Open-Data-Dokumentation zeichnete die Berner Fachhochschule (Institut Public Sector Transformation) verantwortlich.

Am 9. Oktober 2023 ging die «Smart Urban Heat Map» live: Die Plattform funktioniert nach dem Prinzip «Mobile first», d.h. Nutzerinnen und Nutzer können mit ihren Smartphones auf der vorwiegend für Mobiltelefone optimierten Webseite den nächstgelegenen Sensorstandort aufrufen und erfahren so nicht nur die aktuelle Temperatur und Luftfeuchtigkeit, sondern auch die Temperaturdifferenz zum kühlsten bzw. wärmsten Messstandort und den Klimaverlauf der letzten 48 Stunden.

Weiterentwicklung und Vernetzung

Die «Smart Urban Heat Map» ist ein dynamisches Projekt, das laufend weiterentwickelt wird – als nächster Schritt ist eine flächige Darstellung der Temperaturdaten als Hitzekarte angedacht, auf der sich die aktuellen Temperaturen in verschiedenen Farben, von rot für «heiss» bis blau für «kühl» ablesen lassen. Zudem wurden in den nächsten Wochen alle Sensorstandorte in der Region Bern mit Infoklebern ausgerüstet, welche auf die Heat Map hinweisen.

Die Klimaplattform wird in den nächsten Monaten und Jahren durch eine sorgfältig geplante Kommunikation zur Sensibilisierung von Bevölkerung und Politik begleitet. Ein erster, gut besuchter Anlass fand Ende Januar 2023 in der Welle 7 beim Bahnhof Bern statt: Mit von der Partie waren verschiedenste Fachleute und Gemeinden, welche die aktuelle Klimaforschung und verschiedenste Konzepte vorstellten, wie Hitzeinseln durch geeignete Massnahmen erträglicher gestaltet werden können. Mit weiteren Vernetzungsanlässen und Climathons will der Smart City Verein Bern den Erfahrungs- und Ideenaustausch für ein besseres Stadtklima fördern.

Nicht zuletzt will der Verein in naher Zukunft mit einem Klima-Toolkit auch die Schulen in Stadt und Region Bern ansprechen, damit Heranwachsende sich bereits heute mit den klimatischen Veränderungen der Zukunft befassen können.

Mit Vernetzungsanlässen und Bereitstellung der gesammelten Messdaten zur kostenlosen und unlimitierten Nutzung möchte der Smart City Verein Bern den Weg für konkrete Projekte vorbereiten, welche nicht nur die Stadthitze reduzieren, sondern auch Strassen und Plätze lebenswerter machen sollen. Sei dies durch die Schaffung von Grünräumen, Entsiegelung asphaltierter Flächen, durch hitzeabweisende Strassenbeläge, begrünte Hausdächer und Fassaden – es braucht heute und in Zukunft viele kreative Köpfe, um solche Ideen in die Tat umzusetzen.

Klimaanpassung nach dem Schwammstadtprinzip

Was tun, wenn sich Stadthitze und Trockenheit in Zukunft weiter ausbreiten? Hitzeinseln haben schwerwiegende Auswirkungen auf verletzliche Bevölkerungsgruppen: Hohe Temperaturen führen zu Hitzestress, Dehydrierung und im schlimmsten Fall zu Atemproblemen und zu Herz-Kreislaufkollaps. Hitzeinseln verschlechtern lokal auch die Luftqualität, da hohe Temperaturen die Bildung von Luftschadstoffen fördern.

Lokale Klimaanpassungsmassnahmen in Städten und Gemeinden funktionieren am besten nach dem Schwammstadtprinzip: Plätze und Strassen, die grosse Hitze ausstrahlen, können durch eine gezielte Bewirtschaftung der Niederschläge gekühlt werden: dazu gehören Flächen zur Versickerung und verzögerten Verdunstung sowie eine grüne Umgebungsgestaltung. So werden aus Hitzeinseln angenehme Aufenthaltsorte, wo sich Menschen wohlfühlen können. Die Smart Urban Heat Map zeigt, wo die Hotspots liegen – und bildet einen Ansporn, mit Innovationsgeist und klug eingesetzter Technologie das Klima im städtischen Raum zu verbessern.

Nebelwolken, Kaltluftströme und kühle Dächer

Bei der Umsetzung von Klimaanpassungsmassnahmen in der Schweiz ist die Stadt Zürich führend: Hier sind Massnahmen zur Hitzeminderung bei städtischen Bauprojekten bereits in der Planung und bei Architekturwettbewerben ein Thema. Entsiegelte Flächen, das Pflanzen von Bäumen und Hecken sind beim Umbau von Strassen bereits Standard. Bei Wohnüberbauungen achten die Behörden darauf, dass Kaltluftströme die Umgebung abkühlen können. Beim Bau von neuen Schulanlagen sind Elemente zur Hitzeminderung, entsiegelte Flächen und eine artenreiche Bepflanzung zur Förderung der Biodiversität selbstverständlich. Spektakulärstes Projekt ist zweifellos der «Alto Zürrus», eine künstliche Nebelwolke über dem Turbinenplatz, die für Abkühlung sorgen soll. Das Pilotprojekt ist noch bis September 2024 in Betrieb und wird danach evaluiert.

Verschiedenste europäische Städte wie Athen, Berlin oder Barcelona haben das Potenzial von Klimaanpassungsmassnahmen längst entdeckt. Die Metropole New York City hat ein ganzes «CoolRoofs»-Programm lanciert, das Gebäudedächer mit reflektierenden Materialien zur Reduktion der Stadthitze beschichten will. Singapur hat ein «Garden City»-Projekt ins Leben gerufen: Es bringt Natur und Urban Design zusammen, um das städtische Mikroklima zu verbessern. Auch in Bern sind verschiedene Projekte und Massnahmen gegen Hitzeinseln geplant.

 

So trägt die Smart Urban Heat Map dazu bei, die Klimaresilienz von Stadt und Region Bern zu verbessern. Das Ergebnis: verbesserte Umweltbedingungen und eine deutlich höhere Lebensqualität der Bevölkerung. Es gibt viel zu tun – der Smart City Verein Bern und die Gemeinden sind gefordert!

Links:

Webapp Smart Urban Heat Map

Smart City Verein Bern

Erfolgsgeschichte zum Branding des Smart City Vereins Bern

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